Weiterhin Bewegung am deutschen Flughimmel
Emotional ging es auf dem letzten Flug der insolventen Air Berlin von München in die deutsche Hauptstadt zu. Fast alle Passagiere gaben gegenüber der reichlich erschienenen Presse an, den Flug nur deshalb gebucht zu haben, weil es eben der letzte war. Während die (Ex-)Air Berlin-Mitarbeiter mit dem einen oder anderen Glas Sekt in die für sie ungewisse Zukunft verabschiedeten, machte bereits eine neue Nachricht die Runde: die britische Billigfluglinie Easyjet übernimmt Teile von Air Berlin, die zuvor in großen Teilen an die Lufthansa ging.
Was steckt hinter diesem Deal?
Es geht um 25 Flugzeuge vom Typ A 320, die Air Berlin bis jetzt geleast hatte, Start- und Landerechte in Berlin sowie das dazugehörige Flug- und Bodenpersonal. Der Kostenpunkt liegt bei 40 Millionen Euro. Bis zu 1.000 ehemalige Air Berliner könnten so einen neuen Arbeitgeber finden, ohne wirklich einen neuen Arbeitsplatz zu haben. Den Tarifrahmen hierfür soll mit der Gewerkschaft ver.di ausgehandelt werden. Damit würden die Briten bezogen auf den Berliner Flughafen Tegel zum führenden Kurzstreckenanbieter werden. Bisher fliegt Easyjet nur Berlin-Schönefeld an.
Das ist grundsätzlich zu begrüßen. Ohne die nationale Brille gesehen konnte man bei den Aussagen deutscher Politiker, die sich „einen deutschen Champion im internationalen Luftverkehr” wünschten und Air Berlin deshalb der Lufthansa überlassen wollte, nur mit dem Kopf schütteln. Die Lufthansa beherrschte bis dahin nämlich schon 70% des deutschen Luftverkehrs und hätte bei der kompletten Übernahme der bisherigen Nummer 2 quasi eine Monopolstellung mit fast 90% Marktanteil innegehabt.
Auch so sehen Experten in dem „deutschen Champion“ aktuell schon eher einen fürchterlichen Drachen.
Die Genehmigung der (Teil-)Übernahme durch Easyjet ist noch von den Regulierungsbehörden zu genehmigen. Damit ist im Dezember zu rechnen, so dass im Winterhalbjahr lediglich mit einem begrenzten Angebot von Tegel aus zu rechnen ist. Mit dem Sommerflugplan sollte Easyjet dann richtig durchstarten können.
Perspektivlosigkeit für die meisten Air Berliner
Ein Großteil der zuletzt 8000 Mitarbeiter von Air Berlin nützt der Deal freilich wenig. Die meisten von ihnen müssen sich einen neuen Arbeitgeber suchen, die Entlassungswelle spült dabei die besseren Karten in die Hände der Arbeitgeber. Schon Mitte Oktober wurde bekannt, dass die Lufthansa 81 der 144 Flugzeuge der Air Berlin übernimmt, dabei wurde auch stets die Zahl von 3.000 zu übernehmenden Mitarbeitern kolportiert. Wirklich fest übernommen werden aber wohl nur 1.700 Kollegen, die bei den nicht insolventen Töchtern Niki und LGW beschäftigt sind. Für weitere 1.300 könnte es bei der Billigflugtochter der Lufthansa, Eurowings weitergehen. Dazu müssen sie aber erst einmal einen Bewerbungsprozess durchlaufen, an dem sich nicht nur ehemalige Mitarbeiter von Air Berlin beteiligen können , an dessen Ende wohl Arbeitsverträge stehen, die bis zu 50% weniger Gehalt als bisher vorsahen. Ein geregelter Übergang ist das nicht, und die Aussichten sind somit für die Mehrheit alles andere als rosig.
Beinahe untergegangen ist dabei, dass es zumindest gut für die Techniksparte aussieht: die Berliner Wartungsfirma Nayak und der Berliner Logistiker Zeitfracht kaufen das Geschäft. Freuen dürfen sich 330 Mitarbeiter – ein Tropfen auf den heißen Stein. 550 Kollegen werden von einer Transfergesellschaft „zur Abfederung sozialer Härten“ übernommen.
Stefan Höhm (sh)