Die Türkei boomt wieder – aber das hat seinen Preis
Türkische Tourismusmanager versuchen sich derzeit in Zweckoptimismus. Die Zahl der Reisenden werde 2017 erheblich höher liegen als im Vorjahr, schließlich habe man nicht nur Sonne, Strand und Meer, sondern auch viel Kultur, gutes Essen und hochwertigen Gesundheitstourismus zu bieten. „Warum sollen die Gäste da nicht kommen?“, fragen sich die Manager unisono selbst.
Derlei Gründe gibt es leider einige. Zuletzt gab es einige Terroranschläge in der Türkei, auch politisch ist das Verhältnis zwischen Berlin und Ankara so frostig wie seit langem nicht mehr. Aktuell warnt das deutsche Auswärtige Amt deutsche Staatsbürger, insbesondere solche mit türkischen Wurzeln, vor willkürlichen Verhaftungen und grundlosen Zurückweisungen bei der Einreise. Politische Einflüsse interessieren Urlauber zwar tendenziell weniger, Stabilität und Sicherheit sind aber wichtige Entscheidungskriterien bei der Wahl des Urlaubsziels.
Wahr ist aber auch, dass sich die Touristenzahlen 2017 deutlich besser als noch die für 2016 lesen. Damals wurden in der Branche nur 22,1 Milliarden US-Dollar umgesetzt, dieses Jahr dürften es wohl 26 Milliarden US-Dollar werden. Aber 2015 stand man noch bei 31,5 Milliarden Dollar. Alles ist also relativ.
Der Aufschwung in diesem Jahr ist mehreren Faktoren zu verdanken. In diesem Sommer gab es eine Woche Türkei schon ab 300 Euro, mit All inklusive und Flug. Da konnten und können viele Strandurlauber verständlicherweise einfach nicht widerstehen, Touristen aus Deutschland bilden nach wie vor die größte Gruppe. Auf Platz steht aber schon Russland. Hier haben sich die Besucherzahlen nach der Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden Ländern – Spannungen hatte es nach einem Abschuss einer russischen Militärmaschine Ende 2015 gegeben – gleich verfünffacht, finanziell potente Russen strömen jetzt förmlich in das Land.
Es ist kein großes Geheimnis, dass die Türkei die aktuellen Kampfpreise nicht ewig halten kann. Der Weg der Tourismusbranche scheint somit vorgezeichnet. Es muss wieder gelingen, die Urlauber von den Vorteilen des Landes zu überzeugen, und das darf (nicht nur) über den Preis gehen. Studienreisen ins Landesinnere, sozusagen der „gehobenere Tourismus“, werden derzeit quasi überhaupt nicht nachgefragt, Schnäppchen hin oder her. Zudem verlautbarte aus dem türkischen Tourismusministerium bereits, dass man künftig verstärkt um Gäste nicht nur in Russland, sondern auch in China oder Indien werben will. In arabischen Ländern laufen ebenfalls schon erfolgreich Imagekampagnen.
Wer aufgrund der Reisehinweise die Türkei derzeit nicht besuchen wollte, sollte sie aber auf jeden Fall auf die Beobachtungsliste setzen. Politik kann sich schnell ändern – und schön ist das Land ohne Zweifel.
Die Reisehinweise des Auswärtigen Amtes können Sie hier nachlesen: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/TuerkeiSicherheit.html