Ihre Rechte bei der Reise mit Bus und Bahn

Wer wegen voller Autobahnen aus Umweltschutzgründen das Auto zu Hause lässt und sich stattdessen für die Bahn oder den Fernbus entscheidet, hofft zunächst auf eins: Dass die Reise planmäßig verläuft und Passagiere und Gepäck pünktlich ankommen. Doch selbst wenn nicht alles nach (Fahr-)Plan verläuft, ist es immerhin gut zu wissen, dass Reisende nicht rechtlos sind. ARAG Experten erläutern, welche Ansprüche den Kunden von Zug und Fernbuslinien inzwischen zustehen.

Rechte von Bahnreisenden

Wer mit der Bahn unterwegs ist, steht nicht rechtlos da, wenn sich die geplante Ankunft verspätet. Geregelt sind die Ansprüche in der EU-Fahrgastrechte-Verordnung, die seit 2009 in Kraft ist. Verzögert sich die Ankunft am Zielort um mindestens 60 Minuten, haben Fahrgäste danach ein Anrecht auf eine Entschädigung in Höhe von 25 Prozent des Fahrpreises für die einfache Fahrt.

Bei zwei Stunden Verspätung und mehr sind es 50 Prozent. Wurde eine Hin- und Rückfahrkarte gekauft, berechnet sich die Entschädigung auf Basis der Hälfte des insgesamt bezahlten Fahrpreises. Die Regelung gilt laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) auch für den Fall, dass die Verspätung auf höherer Gewalt beruht (Urteil vom 26.09.2013, Az.: C-509/11).

Zeitfahrkarten wie Job-Tickets oder Monatskarten werden mit unterschiedlichen Pauschalen je Verspätung ab 60 Minuten entschädigt. So gibt es zum Beispiel für Inhaber von Nahverkehrs-Zeitkarten in der 2. Klasse pauschal 1,50 Euro und in der 1. Klasse 2,25 Euro. Nach der Verordnung dürfen Eisenbahnunternehmen jedoch eine sogenannte Bagatellgrenze von maximal 4 Euro festlegen, unterhalb derer keine Entschädigung ausgezahlt wird. Nahverkehrskunden sehen also erst ab der zweiten beziehungsweise dritten Verspätung innerhalb der Gültigkeitsdauer der Zeitkarte Geld.

Bei mehr als einer Stunde Verspätung müssen den Fahrgästen zudem Betreuungsleistungen in Gestalt von Verpflegung und Telefonaten angeboten werden. Wird aufgrund einer solchen Verspätung eine Übernachtung nötig, erhält der gestrandete Reisende auch die Kosten einer angemessenen Hotelunterkunft erstattet. Zeichnet sich bereits vor der Abfahrt eine Verspätung von mehr als 60 Minuten ab, können Reisende auch auf die Fahrt verzichten und sich den Ticketpreis erstatten lassen. Alternativ können sie die Fahrt zu einem späteren Zeitpunkt durchführen.

Da der Fahrgast die Verspätung des Zuges nachweisen muss, raten ARAG Experten dazu, sich von der Eisenbahngesellschaft eine Bescheinigung über die Verspätung ausstellen zu lassen. Diese erhält man entweder beim Servicepersonal des verspäteten Zuges oder im Anschluss an die Zugfahrt im Servicecenter der Eisenbahngesellschaft, wie etwa im DB Service Point. Ansprüche gegen die Deutsche Bahn zum Beispiel können mit dem Fahrgastrechte-Formular geltend gemacht werden. Zusammen mit der Originalfahrkarte muss das Formular an die Deutsche Bahn geschickt oder in einem DB Reisezentrum abgegeben werden.

Fahrgastrechte im Fernbus

Seit Anfang 2013 dürfen Fernbusse der Bahn auf innerdeutschen Strecken Konkurrenz machen. Das Netz der Buslinien ist seitdem rasant gewachsen. Doch wie sieht es bei all der Begeisterung über die oft günstigen Städteverbindungen mit den Rechten der Fernbusreisenden aus? Auch hier war der europäische Gesetzgeber nicht untätig und hat die EU-Verordnung über die Fahrgastrechte im Kraftomnibusverkehr verabschiedet, die seit dem 1. März 2013 gilt. Sie regelt unter anderem die Rechte der Fahrgäste bei Verspätung oder Annullierung der Abfahrt und die daraus resultierenden Erstattungsansprüche.

Konkret gilt danach für Fahrten von mehr als 250 Kilometern folgendes: Bei Annullierung, Überbuchung oder mehr als zweistündiger Verspätung der Abfahrt muss der Beförderer den Fahrgästen die Fortsetzung der Fahrt (gegebenenfalls mit geänderter Streckenführung) oder eine Erstattung des Fahrpreises anbieten. Tut er das nicht, kann der Fahrgast zusätzlich eine Entschädigung in Höhe von 50 Prozent des Fahrpreises beanspruchen. Über die Annullierung oder eine Verspätung der Abfahrt muss der Beförderer so rasch wie möglich, spätestens aber 30 Minuten nach der planmäßigen Abfahrtszeit informieren.

Wird eine planmäßig mehr als drei Stunden dauernde Fahrt annulliert oder verspätet sich eine solche Abfahrt von einem Busbahnhof um mehr als 90 Minuten, muss den Fahrgästen kostenlos ein Imbiss, Mahlzeiten oder Erfrischungen angeboten werden. Falls erforderlich, haben sie auch Anspruch auf ein Hotelzimmer – und zwar bis zu zwei Nächten und 80 Euro pro Nacht und Fahrgast. Letzteres gilt allerdings nicht, wenn widrige Wetterbedingungen oder schwere Naturkatastrophen für die Verspätung oder Annullierung verantwortlich waren.

Die EU-Verordnung normiert darüber hinaus auch die Ansprüche der Fahrgäste, wenn Gepäckstücke infolge eines Unfalls verloren gehen oder beschädigt werden. Die Höhe der Entschädigung bemisst sich laut Verordnung zwar nach den deutschen Vorschriften. Die Höchstgrenze muss jedoch mindestens 1.200 Euro pro Gepäckstück betragen. Außerdem muss der Beförderer den Fahrgästen nach einem Unfall Hilfe in Gestalt von Unterbringung, Verpflegung, Kleidung, erster Hilfe oder Beförderung leisten. Beides gilt aber wiederum nur für Strecken, die planmäßig länger als 250 Kilometer sind.

Durchsetzung von Ansprüchen: Schlichtungsstelle SÖP

Und wer hilft weiter, wenn sich die Eisenbahngesellschaft oder das Busunternehmen weigern, die berechtigten Ansprüche der Reisenden zu erfüllen? Die Bundesregierung hat hierfür die „Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V.“ – kurz: SÖP – als Schlichtungsstelle für Streitfälle anerkannt. Dorthin können sich Reisende wenden, wenn ihre Beschwerde beim Unternehmen erfolglos war und das Unternehmen Mitglied bei der SÖP ist. Eine Liste der Verkehrsunternehmen, die Mitglied sind, findet sich im Internet. Das Schlichtungsverfahren ist für die Reisenden kostenlos. Voraussetzung für eine Schlichtung ist allerdings, dass der Anspruch zunächst (erfolglos) gegenüber dem Beförderer geltend gemacht wurde und seit der Geltendmachung mehr als ein Monat vergangen sind. Das passende Online-Formular für die Beschwerde finden Betroffene im Internet.

Quelle: ARAG SE