Ein Hauch Heimat am Ende der Welt

Bild: South Australian Tourism Commission

Wer heute durch Australien reist, wird auch auf der anderen Seite der Welt ein Stückchen
Deutschland finden. Schon im 19. Jahrhundert wanderten viele deutsche Auswanderer nach Südaustralien aus – ihre
Kultur prägt die Region bis heute. Orte wie Klemzig, Hahndorf und Lobethal sind nicht nur deutsche Ortsnamen fernab
Europas, sondern auch lebendige Erinnerungen an die erste deutsche Einwanderungswelle von 1838. Im bekannten
Barossa Valley etwa lebt das deutsche Erbe in Reben, Rezepten und regionaler Identität weiter. Und der Heysen Trail –
benannt nach dem gebürtigen Hamburger Hans Heysen – ist mit 1.200 Kilometern der längste durchgehende
Wanderweg Australiens. Er gilt als einer der bedeutendsten Fernwanderwege der Welt.

Klemzig, Hahndorf, Lobethal: wo alles begann
Die erste deutsche Siedlung Australiens entstand 1838 in der Nähe von Adelaide. Klemzig ist heute ein Vorort der
südaustralischen Hauptstadt. Benannt nach einem Dorf in der preußischen Heimat (heute entspricht dies Klepsk in
Polen), wurde Klemzig zur Zuflucht für lutherische Glaubensflüchtlinge, die unter der Führung von Pastor August Kavel
vor staatlicher Kirchenpolitik aus Brandenburg, Schlesien und Posen flohen. Es folgten 1839 Hahndorf und wenige Jahre
später Lobethal in den Adelaide Hills. Auch diese Siedlungen gründeten lutherische Einwanderer aus Europa, die unter
dem Kommando des Dänen Kapitän Dirk Hahn auf einem kleinen Segelschiff namens Zebra in Adelaide ankamen. Bis
heute bewahren Fachwerkhäuser, Kirchen und Museen wie die Hahndorf Academy die Erinnerung an jene, die einst alles
hinter sich ließen, um in der Fremde Glaubensfreiheit zu finden.


Wein aus Barossa Valley: eine deutsch-australische Erfolgsgeschichte
Das Barossa Valley zählt nicht nur zu den renommiertesten Weinregionen Australiens, es ist auch ein Ort, an dem
deutsche Geschichte und Kultur bis heute lebendig geblieben sind. Spuren der Einwanderer aus dem deutschsprachigen
Raum finden sich unter anderem in den Ortsnamen Tanunda, Seppeltsfield oder Langmeil, sowie in der Architektur, den
Kirchen und vor allem im Weinbau. Seppeltsfield steht exemplarisch für diesen Einfluss. Der aus Ludwigsburg
stammende Joseph Ernst Seppelt gründete das Gut zunächst mit dem Ziel, Tabak anzubauen, erkannte jedoch bald das
klimatische Potenzial für den Wein. Unter der Leitung seiner Nachfahren entwickelte sich das Anwesen zu einem der
bedeutendsten Weingüter Australiens. Die kleine Seppeltsfield Church erinnert an die württembergische Herkunft der
Familie. Auch andere Güter wie Henschke, 1868 vom schlesischen Einwanderer Johann Christian Henschke gegründet,
oder Langmeil, das auf den ältesten bekannten Shiraz-Rebstöcken der Welt basiert, führen das deutsche Erbe fort. Viele
dieser Betriebe sind noch immer in der Hand der Nachfahren dieser Familien.


Heimatgeschmack in Südaustralien: Brezel, Bratwurst und Barossa Shiraz
Trotz der weiten Entfernung zurHeimat ihrer Vorfahren pflegen die deutschstämmigen Südaustralier ihre kulinarischen
Traditionen mit Hingabe. In der Tanunda Bakery in Tanunda wird nach überlieferten Familienrezepten gebacken – von
Laugenbrezeln bis Schwarzwälder Kirschtorte. In Adelaide lohnt sich ein Besuch im Gewürzhaus im Central Market, wo
Besucher traditionelle Gewürzmischungen für Glühwein, Lebkuchen oder Brot entdecken können. Ein Highlight für
Genießer ist der alljährliche German Sausage and Shiraz Day im Mai im Barossa Valley: Hier treffen handgemachte
Bratwürste und Krautsalate auf kräftige Rotweine – ein Fest, das deutsche und australische Genusskultur perfekt
verbindet. In Hahndorf lässt sich entlang der Hauptstraße in kleinen Galerien, deutschen Cafés und Biergärten ein
authentisches Stück „Little Germany“ erleben. Lobethal wiederum begeistert mit dem traditionellen Weihnachtsmarkt,
der jedes Jahr Besucher aus ganz Australien anzieht. In der Lobethal Bakery werden Apfelstrudel, Streuselkuchen und
deutsche Klassiker mit australischem Twist serviert.


Spuren deutscher Visionäre: Hans Heysen und Johann Menge
Neben Küche und Wein verdanken auch Kunst Wissenschaft in Südaustralien dem deutschen Einfluss bemerkenswerte
Impulse. Der in Hamburg geborene Maler Hans Heysen wurde mit seinen monumentalen Eukalyptusbildern zur Ikone
der australischen Landschaftsmalerei. Der nach ihm benannte Heysen Trail, einer der längsten Wanderwege Australiens,
führt über 1.200 Kilometer von der Küste bei Cape Jervis bis in die Flinders Ranges – vorbei an Weingütern, Bergen und
Wildnis. Auch der hessische Gelehrte Johann Menge, Sprachforscher, Geologe und Visionär, erkannte früh das Potenzial
des Barossa Valley. Als „Vater“ der Region wirkte er nicht nur für den Weinbau, sondern als Förderer von Bildung,
Wissenschaft und Landwirtschaft.