Besucher der beliebten Lagunenstadt Aveiro reiben sich immer öfter die Augen, wenn eines der bunt bemalten Moliceiro-Boote an ihnen vorbeigleitet. Einst trieb der Wind über große Segel die Boote der Fischer und Tangfischer an, in den letzten Jahren aber tuckerten Dieselmotoren in den längst für touristische Sightseeing-Touren genutzten Booten. Heute begegnet man immer öfter elektrisch angetriebenen Moliceiros, die weder Lärm noch umweltschädliches CO2 erzeugen. Bis in zwei Jahren sollen alle Boote auf Elektroantrieb umgerüstet sein, zum Laden wird derzeit entlang der Kanäle und der Ria eine eigene Infrastruktur mit 13 Ladestationen aufgebaut.
Die Umrüstung der bei Besuchern so beliebten Boote ist jedoch nur ein kleiner Teil der Initiative „Urban Innovative Actions“, die 2014 von der EU ins Leben gerufen wurde und in deren Rahmen Städte in ganz Europa bis 2022 nach Antworten auf drängende Zukunftsfragen im Hinblick auf das urbane Zusammenleben forschen.
Wie werden wir in Zukunft zusammenleben? Wie gelingt es, Ökologie und Ökonomie zu einem stimmigen Ganzen zu vereinen? Und wie sieht die nachhaltig organisierte Stadt der Zukunft aus? Antworten auf diese Fragen sucht man derzeit von Göteborg bis Heraklion, von Antwerpen bis Budapest auch in anderen Städten mit mindestens 50.000 Einwohnern.
Im Zentrum der Aktivitäten in der portugiesischen Lagunenstadt steht die Frage, wie durch urbane Netzwerke und digitale Transformation die wirtschaftliche Wertschöpfung in der Stadt unter nachhaltigen und wissensbasierten Produktionsbedingungen verbessert werden kann. Dabei kann es nicht allein um die Quantität, sondern muss es auch um die Qualität der vorhandenen Arbeitsplätze gehen. Als mittelgroße Stadt steht Aveiro hierbei vor allem vor der Herausforderung, mit den beiden portugiesischen Großstädten Lissabon und Porto zu konkurrieren und die Abwanderung in diese vor allem von multinationalen Konzernen bevorzugten Wirtschaftszentren zu verhindern.
Im Rahmen des Projekts STEAM City, für das ein Etat von insgesamt 4,9 Millionen Euro bereit steht, versucht man dieses Problem vor allem über zwei Ansätze zu lösen: Zum einen werden die Bildungsangebote an den Schulen und an der Universität den Bedürfnissen eines zukunftsorientierten Arbeitsmarktes angepasst. Es entstanden Technik-Labors, in denen Schüler und Studenten an die Zukunftstechnologien herangeführt werden, parallel wurden die Lehrkräfte entsprechend geschult. Zum anderen wird Aveiro in Zusammenarbeit mit kompetenten Partnern zur Modellstadt für die zukunftsweisende 5G-Technologie entwickelt, die als Grundlage für den Übergang in eine auf Wissen und digitalen Plattformen basierende Wirtschaft dient, aber auch ein zentrale Rolle etwa beim autonomen Fahren oder bei der Steuerung hochentwickelter Drohnen spielt. Wie wichtig die Kommunikationsstruktur über 5G ist, wurde Anfang September im Rahmen einer groß angelegten Notfall-Übung demonstriert, an der u.a. Feuerwehr, Polizei und die Krankenhäuser der Stadt beteiligt waren.
Quelle: Centro de Portugal