Die Gründung der USA wird gemeinhin auf das Jahr 1776 datiert, als die Delegierten von 13 Kolonien ihre Unabhängigkeit von Großbritannien erklärten. Dass schon 1619, mehr als 150 Jahre vor der Staatsgründung, wichtige Ereignisse den Grundstein für Demokratie und Kultur der späteren Vereinigten Staaten von Amerika legten, wird dabei häufig übersehen. Der US-Bundesstaat Virginia, auf dessen Gebiet dieses Fundament geschaffen wurde, nimmt das 400-jährige Jubiläum 2019 zum Anlass, die Bedeutung dieses Jahres ausführlich zu beleuchten und mit zahlreichen Veranstaltungen erlebbar zu machen. Angesichts der besonderen Tragweite des Jubiläumsjahres zählt der renommierte Reiseführer Frommer’s den Bundesstaat zu seinen „Best Places to Go in 2019“. Die Stadt Williamsburg, die bis 1780 Hauptstadt der Kolonie Virginia war, sowie das historische Freilichtmuseum Colonial Williamsburg wurden zudem vom Magazin Forbes zu „Best Places to Travel in the US in 2019“ erklärt.
Keimzelle amerikanischer Demokratie und Kultur
Wenn die Abgeordneten der Virginia General Assembly in der Hauptstadt Richmond ihrer Tätigkeit nachgehen, blicken sie dabei auf die längste Geschichte aller heute existierenden legislativen Kammern der Neuen Welt zurück. Denn bereits vom 30. Juli bis zum 4. August 1619 trafen sich gewählte Vertreter der elf wichtigsten Siedlungen Virginias zur ersten General Assembly, dem ersten repräsentativen Regierungsorgan in Amerika. Damals noch in deutlich kleinerem Rahmen als heute wurden von der parlamentartigen Versammlung nicht nur Faulheit, Glücksspiel und Trunkenheit verboten, sondern auch die Unterdrückung der Ureinwohner.
Nur wenige Monate später, am 4. Dezember 1619, wurde das erste offizielle englische Thanksgiving in der neuen Welt gefeiert, ein Vorläufer des heute wichtigsten Familienfests der USA. 38 Engländer feierten nach ihrer Atlantiküberquerung damit ihre sichere Ankunft auf der Plantage Berkeley Hundred – und wiederholten dieses Ritual in den folgenden Jahren, wodurch die bis heute praktizierte Regelmäßigkeit dieses Dankesfests begründet wurde. Und auch in Berkeley Hundred lebt die Tradition fort. Jedes Jahr am ersten Novembersonntag – 2019 am 3. November – wird am Originalschauplatz das Virginia Thanksgiving Festival gefeiert, unter anderem mit der nachgestellten Landung des Segelschiffes und der englischen Mannschaft sowie zahlreichen weiteren historischen Unterhaltungskünstlern, Essensständen und vielem mehr.
In 400 Jahren zur modernen Demokratie
Ebenfalls bedeutsam für die noch junge Kolonie war im Jahr 1619 die Ankunft zahlreicher Frauen aus England, die zur Familiengründung und Stabilisierung der Siedlungsbemühungen 1619 erstmals systematisch angeworben worden waren. Ein wenig ruhmreiches, doch für die weitere Entwicklung der Vereinigten Staaten zutiefst bestimmendes Ereignis war auch die erste registrierte Ankunft von gut 20 versklavten Menschen aus Afrika, die von portugiesischen Sklavenhändlern im August des Jahres an Land gebracht wurden.
Auf vielfältige Weise erinnert Virginia an das wegweisende Jahr 1619. So wird am 30. Juli 2019, auf den Tag genau 400 Jahre nach der ersten General Assembly, sowohl am ursprünglichen Ort Jamestown als auch in Williamsburg an diese für die spätere Demokratie wegweisende Zusammenkunft erinnert. An den beiden darauffolgenden Tagen wird in Williamsburg zudem ein internationales Forum veranstaltet, das die Bedeutung der Demokratie für die USA sowie die gesamte Welt hervorhebt und diskutiert.
Kulturerlebnisse von Archäologie bis Ballett
Auch in kultureller Hinsicht wird das Jahr 1619 in unterschiedlichen Formen aufgegriffen. So wurde in Zusammenarbeit mit dem Virginia Arts Festival das Dance Theatre of Harlem mit der Entwicklung eines Ballettstücks beauftragt, das die historischen Ereignisse dieses Jahres thematisiert. Die Premiere sowie weitere Aufführungen finden vom 3. bis 5. Mai 2019 in Norfolk statt. Hinzu kommt eine Reihe von Ausstellungen, die sich mit den Entwicklungen von 1619 bis heute beschäftigen. Eine Schau im Virginia State Capitol in der Hauptstadt Richmond etwa thematisiert die erste General Assembly und deren Auswirkungen auf das heutige repräsentative Regierungssystem der USA. Im April 2019 wird auf Jamestown Island ein neuer Ausstellungsbereich eröffnen, der unter anderem archäologische Funde über die Kirche, in der die erste Generalversammlung abgehalten wurde, präsentiert.
Historische Wirklichkeit erleben
Für Geschichtsbegeisterte ist das Freilichtmuseum Jamestown Settlement das ganze Jahr über ein idealer Anlaufpunkt, um in die Ereignisse des Jahres 1619 und die Lebenswelt der damaligen englischen Siedler, versklavten Afrikaner sowie amerikanischen Ureinwohner einzutauchen. Die Sonderausstellung „TENACITY: Women in Jamestown and Early Virginia“ widmet sich dabei insbesondere der Rolle der Frauen, die mit hartnäckigem Einsatz (engl. tenacity) wesentlich zum Erfolg der Besiedlungsbemühungen beitrugen. Die Ausstellung ist bis zum 5. Januar 2020 geöffnet. Der gesamte Februar 2019 widmet sich zudem schwerpunktmäßig dem kulturellen Erbe der afrikanischen Menschen, die hierher verschleppt wurden.
Moderne Medien machen Geschichte erfahrbar
400 Jahre Geschichte, erzählt anhand von mehr als 400 Orten, Personen und Ereignissen – mit diesem Konzept erweckt die App „Virginia History Trails“ die Historie des Staates in den Händen der Nutzer zum Leben. Die von den Best Mobile App Awards ausgezeichnete Applikation versammelt Geschichten und Informationen, die einen Zugang zur Vergangenheit schaffen und die Gegenwart besser verständlich machen. Ganz praktisch erlebbar wird dieser Zusammenhang beispielsweise durch 20 verschiedene thematische Routen quer durch den gesamten Bundesstaat. Spannende Orte, die in der Nähe der Besucher liegen, können ebenso angezeigt werden wie aktuelle Informationen zu Events in Virginia. Die App ist sowohl für Android- als auch Apple-Geräte erhältlich und kann in den jeweiligen Stores kostenfrei heruntergeladen werden.
Quelle: Virginia Tourism