In einem Vergleich der „Stiftung Warentest“ war Ryanair die billigste Airline mit der Testnote 1,3 – trotz vieler zusätzlicher Gebühren. Tickets von Frankfurt-Hahn nach Budapest gibt es bereits ab sieben Euro. Buchung und Information wurden von der „Stiftung Warentest“ jedoch als mangelhaft bewertet. Leidet nun auch die Sicherheit der Passagiere unter dem Sparprogramm der Airline?
Sechs Mal musste in den letzten Wochen eine Ryanair-Maschine in Spanien außerplanmäßig landen. Bereits am 26. Juli waren drei Flieger wegen Gewitters in Madrid nach Valencia umgeleitet worden. Aufgrund knapper Treibstoffvorräte waren sie dort gezwungen, Luftnotlage zu erklären, um schnellstmöglich landen zu können. „Die Politik des extrem knappen Kerosins geht zu Lasten der anderen Airlines, die längere Warteschleifen fliegen müssen, um den Iren den Vortritt zu lassen“, so ein Sprecher der spanischen Pilotengewerkschaft Sepla.
Ryanair verkündet in einer offiziellen Pressemitteilung: „Nachdem drei Maschinen 50, 68 und 69 Minuten nach der geplanten Landezeit in Madrid noch über Valencia kreisten, beantragten die drei Ryanair Maschinen eine sofortige Landung, da die Kerosinmengen an Bord ein Minimum erreicht hatten.“ Alle drei Maschinen seien jedoch „normal und mit ausreichend Kerosinvorräten im Tank“ gelandet.
Doch dies war kein Einzelfall. Bereits Anfang September ging die Pannenserie weiter. Zunächst geriet ein Flieger aus Weeze in schwere Wetterturbulenzen und landete schließlich in Palma de Mallorca. Drei Passagiere zogen sich hierbei leichte Verletzungen zu. Danach kam es auf einem Flug von Großbritannien nach Reus zu einem Motorschaden, weshalb der Flieger in Barcelona notlanden musste. Nur einen Tag später landete ein Ryanair-Flugzeug mit Kurs auf die Kanaren nach einem plötzlichen Druckabfall in Madrid. Hier benötigten gleich mehrere Passagiere medizinische Hilfe, nachdem sie über Blut in den Ohren geklagt hatten.
„Wir haben nichts gegen Low Cost, aber wir wollen keine Low Security“, kritisierte die Transportministerin Ana Pastor bereits vergangene Woche die Zustände bei Ryanair. Doch je mehr Kerosin ein Flugzeug tankt, desto höher ist auch sein Verbrauch, denn das Gewicht des Flugbenzins spielt eine große Rolle. „Treibstoff ist der größte Kostenfaktor, gerade bei Billigfliegern“, erklärt Jörg Handwerg, Pressesprecher der Pilotenvereinigung Cockpit. Laut der Vereinigung setzt Ryanair ihre Piloten bezüglich der maximalen Treibstoffmenge systematisch unter Druck. „Bei Ryanair ist es Praxis, Listen auszuhängen, auf denen die Piloten in der Reihenfolge ihres Treibstoffverbrauchs aufgelistet werden. Die zwanzig Prozent mit dem geringsten Verbrauch erhalten ein Belobigungsschreiben und die zwanzig Prozent mit dem höchsten Verbrauch eine Aufforderung sich an die festgelegten Verfahren zu halten“, so Jörg Handwerg.
Nach einer Anzeige des Flughafen-Betreibers AENA ermitteln die Behörden in Spanien jetzt gegen Ryanair. Die spanische Regierung will sich daher zeitnah mit der irischen und europäischen Flugsicherheitsbehörde treffen und über ein gemeinsames Vorgehen gegen Ryanair beraten.
Doch drohende Sanktionen in Spanien machen Ryanair-Chef Michael O’Leary scheinbar keine Angst. Er droht seinerseits damit, die Routen auf die Iberische Halbinsel zu streichen und so der spanischen Tourismusindustrie schweren Schaden zuzufügen. Denn Ryanair ist mittlerweile die größte Fluglinie in Spanien und hat die einheimische „Iberia“ längst abgehängt.
Die Vereinigung Cockpit fordert, dass Airlines zukünftig mehr auf die Erfahrungen und das Wissen ihrer Piloten setzen. Dieses sollten, wie vom Gesetzgeber ursprünglich vorgesehen, ohne Druck die letzte Entscheidung über die zu tankende Menge an Treibstoff treffen dürfen.